Amphibien- und Reptilienschutz aktuell


Die Waldeidechse Lacerta (Zootoca) vivipara

Evolution, Ausbreitungsgeschichte, Ökologie und Schutz der erfolgreichsten Reptilienart der Welt

Internationale Tagung

17. bis 19. November 2006 in Bonn

Leitung: Wolfgang Böhme & Hakon Nettmann

Vom 17. bis 19. November 2006 fand das internationale Symposium unter dem Thema "Die Waldeidechse Lacerta (Zootoca) vivipara Evolution, Ausbreitungsgeschichte, Ökologie und Schutz der erfolgreichsten Reptilienart der Welt" in Bonn statt. Mit insgesamt 90 Teilnehmern aus Deutschland, Österreich, Schweiz, Niederlande, Litauen, Russland war die Tagung sehr gut besucht.
Am ersten Tag der Tagung standen Vorträge zu Phylogenie und Systematik der Waldeidechse im Vordergrund.
Am zweiten Tagungstag wurden Vorträge zu Verbreitung und Habitatökologie präsentiert. Am dritten Tag standen Aspekte der Gefährdung und des Schutzes im Vordergrund.
Ein geselliges Beisammensein am Samstag Abend rundete die sehr gut organisierte Tagung ab und gab ausreichend Gelegenheit für intensive Fachgespräche.

Tagungsprogramm

Freitag 17.11.2006

Eröffnung, Grußworte

14.30

Wolfgang Böhme: Einleitende Bemerkungen zu aktuellen Forschungsfeldern zum Thema Zootoca vivipara Zusammenfassung

Phylogeographie und Systematik

15.00

J. Schmidtler & W. Böhme: Überraschende Erkenntnisse zur nomenklatorischen Geschichte der Berg- oder Waldeidechse, nunmehr Zootoca vivipara (Schultze in Lichtenstein, 1823) Zusammenfassung

15.30

Werner Mayer: Zur Phylogeographie von Zootoca vivipara Zusammenfassung

16.15

Larissa Kuprijanova: Karyotypverbreitung in Randpopulationen von zwei verschiedenen Formen von Zootoca vivipara (Jacq 1787) aus einer sekundären Kontaktzone im Ostseeraum Zusammenfassung

Verbreitung und Habitatökologie

17.15

Vasiliy Tabachisin: Verbreitung und Ökologie von Z. vivipara im Norden der Unteren Wolgaregion Zusammenfassung

17.30

Andris Čeirāns: Habitat preferences and distribution of Zootoca vivipara in Latvia Zusammenfassung

18.00

Bernd Rüblinger: Zufallsstichprobenerfassung zur Klärung der Situation der Waldeidechse in Hessen Zusammenfassung

 

Samstag 18.11.2006

9.00

Michael Bußmann & Martin Schlüpmann: Verbreitung, Bestand und Ökologie der Waldeidechse in Nordhein-Westfalen Zusammenfassung

9.30

Richard Podloucky: Zwischen Nordsee und Hochharz – Bemerkungen zu Verbreitung, Lebensräumen, Gefährdung und Schutz der Waldeidechse in Niedersachsen Zusammenfassung

10.00

Hubert Laufer, Klemens Fritz & Michael Waitzmann : Verbreitung und Lebensräume der Waldeidechse in Baden-Württemberg Zusammenfassung

11.00

Wolfgang Völkl: Habitatstruktur, Populationsdichte und Bestandsentwicklung der Waldeidechse in ostbayerischen Mittelgebirgen Zusammenfassung

11.30

Werner Mayer: Die Bergeidechse in den Ostalpen – innerartliche Diversität, potenzielle glaziale Refugialräume und postglaziale Besiedlung Zusammenfassung

Ökologie und Populationsbiologie

14.00

Henk Strijbosch: Fluctuation in numbers in a Zootoca vivipara population Zusammenfassung

14.30

Sylvia Hofmann: Wer sitzt mir am nächsten? Verwandtschaftsmuster in einer Waldeidechsenpopulation Zusammenfassung

15.00

Kuranova, V.N., S.V. Patrakov, O.A. Krechetova & N.V. Baranovskaja: Ökologische und Populationsökologische Aspekte und zwischenartliche Beziehungen der Lacertiden Zootoca vivipara und Lacerta agilis im Bereich sympatrischer Vorkommen (in Südsibirien) Zusammenfassung

Sonntag 19.11.2006

Gefährdung und Schutz

9.30

Dieter Glandt: Gefährdung und Schutz der Waldeidechse - Was kann man für die Art tun? Zusammenfassung

10.15

Frans Kuenen: The situation of Zootoca vivipara in the Netherlands Zusammenfassung

11.15

Steffen Teufert & Michael Werner: Habitatmanagement für Waldeidechsen in der Praxis: Resultate aus Gärten und Grünbrücken Zusammenfassung

11.00

Dimitri Semenov: The Common lizard, Zootoca vivipara, as a model species for bioindication and biomonitoring Zusammenfassung

Poster

Carretero, M. A., J. M. Roig, N. Sillero & R. Ribereiro: Temperatur- und Aktivitätsmuster von Waldeidechsen in der Pyrenäen: Testen von Null-Hypothesen in einer GIS Umwelt Zusammenfassung

Wolf-Rüdiger Grosse, Sylvia Hofmann, Heinz Berger: Zur Verbreitung und genetischen Diversität der Waldeidechse (Zootoca vivipara) im Raum Mittelostdeutschlands Zusammenfassung

Martti Niskanien, Tuula A. Oksanen & Tapio Mappes: Intensität und Sensitivität der Bauchfärbung männlicher Z. vivipara Zusammenfassung

V.F. Orlova & V.N. Kuranova: Ecologo-morphological description of some Asian populations of Zootoca vivipara (Jacquin, 1787) Zusammenfassung

Evgeny S. Roitberg, Valentina F. Orlova, Valentina N. Kuranova, Astrid Clasen, Nina A. Bulakhova & Wolfgang Böhme: Geographic variation in adult body length and sexual dimorphism in the common lizard, Zootoca vivipara: a preliminary report Zusammenfassung

Zusammenfassungen

Einleitende Bemerkungen zu aktuellen Forschungsfeldern zum Thema Zootoca vivipara

Wolfgang Böhme

Die Wald- oder Bergeidechse, Zootoca vivipara, besiedelt unter allen Squamaten das größte Verbreitungsgebiet, was sie zum erfolgreichsten terrestrischen Reptil der Welt macht. Darüber hinaus ist sie eine der ganz wenigen Squamatenspezies mit einem bimodalen Fortpflanzungssystem: Es existieren sowohl lebendgebärende als auch eierlegende Populationen bzw. Populationsgruppen.

Es war diese Art, an der das Lebendgebären bei einem Reptil erstmals beobachtet wurde, und dieser frühe Bericht von J.F. von Jacquin (1787) über eine lebend-gebärende Eidechse (latein.: "Lacerta vivipara") wurde von fast allen nachfolgenden Autoren als die wissenschaftliche Erstbeschreibung und -benennung aufgefasst. Er war aber weder als solche intendiert, noch war es eine valide Erstbeschreibung, und die nomenklatorischen Konsequenzen aus dieser überraschenden Entdeckung werden Gegenstand des nachfolgenden Beitrags von J.F. Schmidtler und mir sein.

Es ist nur ein kurzer Schritt von der Nomenklatur zur Taxonomie, da erstere die Ergebnisse letzterer widerzuspiegeln hat, und nomenklatorische Änderungen werden unvermeidbar, wenn biologische Daten zu neuen Einsichten in die Evolutions-geschichte eines bestimmten Taxons geführt haben. In unserem Fall haben molekulargenetische Ergebnisse gezeigt, dass die Waldeidechse eine eigene Stammeslinie darstellt und eigenen Gattungsrang verdient. Trotz ihres riesigen Verbreitungsareals wurde sie bis vor kurzem als monotypisch angesehen, zumal existierende Unterartbeschreibungen sich als unzureichend erwiesen (pannonica, sachalinensis).

Neuere karyologische und molekulargenetische Untersuchungen haben die Existenz gut begründeter chromosomaler und molekulargenetischer Kladen zeigen können, die mit den Fortpflanzungsmodi (lebendgebärend vs. eierlegend) korrelieren. Darüber hinaus wurde klar, dass das Lebendgebären offenbar mindestens zweimal entstanden ist. Damit ist Z. vivipara sicher keine monotypische Art mehr, und eventuell verbergen sich sogar zwei kryptische eigene Arten hinter diesem Namen.

Ökologie und Physiologie bilden zwei weitere lohnende Forschungsfelder. Die Fähigkeiten zur Temperaturregelung bei Z. vivipara sind teils einzigartig ("supercooling") und ermöglichen das Überleben auf Dauerfrostböden im subarktischen Teil des Riesenareals. Die generell konservative Vorzugstemperatur ist zwar meist infra(sub)spezifisch konstant, kann aber hier auch innerhalb einer Population variieren. Korrelationen mit dem Geschlecht, der Trächtigkeit und dem Reproduktionsmodus müssen weiter im Detail untersucht werden. Auch ethologische Untersuchungen sind nötig, um ein besseres Verständnis des offenbar weitgehend fehlenden Territorial- und ritualisierten Paarungsverhaltens der Männchen, oder der "Kinderstuben"-Bildung der Jungtiere etc. zu erhalten.

Prof. Dr. Wolfgang Böhme
Zoologisches Forschungsmuseum A. Koenig
Adenauerallee 160
53113 Bonn
Email: w.boehme.zfmk@uni-bonn.de
Programm

Verbreitung, Bestand und Ökologie der Waldeidechse in Nordrhein-Westfalen

Michael Bussmann & Martin Schlüpmann

Aus allen Erfassungszeiträumen liegen für 871 von 1558 Messtischblattquadranten 2947 Waldeidechsenmeldungen vor. Das entspricht 55,9 % aller Quadranten, so dass für knapp über die Hälfte der Landesfläche Informationen vorhanden sind. Legt man nur den aktuellen Kartierungszeitraum von 1993 bis 2004 zu Grunde, reduzieren sich die Nachweise auf 553 Quadranten (35,5 %). Es ergibt sich insgesamt eine zwar nicht flächendeckende, jedoch durchaus repräsentative Bearbeitung der Landesfläche.

Das Verbreitungsbild lässt erkennen, dass die Art in der Synopse aller Erfassungszeiträume in den gebirgigen und überwiegend bewaldeten Regionen der Eifel, des Bergischen Landes, des Südwestfälischen Berglandes und des Weserberglandes schwerpunktmäßig und nahezu flächendeckend vertreten ist. Im Gegensatz dazu ergibt sich im Tiefland eine weitaus unzusammenhängendere und lückigere Verbreitungssituation. Unter Berücksichtigung kartierungsbedingter Erfassungs- und tatsächlich vorhandener Verbreitungslücken gibt es hier Bereiche ohne jeden oder ohne aktuellen Nachweis. Demgegenüber stehen dort aber auch zusammenhängend besiedelte Teilareale, v. a. im Westmünsterland in Verbindung mit dem nördlichen Niederrheinischen Tiefland und dem zentralen Emscherland, in der Plantlünner Sandebene, im zentralen Kernmünsterland und in der Senne.

Die Waldeidechse besiedelt ein außerordentlich breites Habitatspektrum, das sich von staunassem Grünland und aktiven Hochmooren bis hin zu trockensten Sandheiden, Kalkhalbtrockenrasen und Steinbrüchen erstreckt. Für den klassischen Waldeidechsenlebensraum lässt sich generalisiert folgende Merkmalskombination formulieren: halboffene, deckungsreiche Landschaftselemente mit einem Mosaik aus niedrigem Bewuchs krautiger Vegetation, v. a. Gräsern, durchsetzt mit Gebüschgruppen oder von Gehölzsäumen begleitet, sodass ein Nebeneinander von besonnten und halbschattigen Bereichen entsteht. Obligatorisch ist ein hinreichendes Dargebot von Kleinstrukturen wie Baumstubben und -stämme, Ast- und Reisighaufen, Falllaubpackungen, Steine und Hohlräume im Untergrund, die als Sonnenplätze, Tages- und Nachtverstecke und Überwinterungsquartiere dienen. Viele Waldeidechsenhabitate weisen zudem ein hohes Maß an Bodenfeuchte auf.

Die Aktivitätszeit in NRW erstreckt sich maximal von Anfang März bis Ende Oktober – also über acht Monate, wobei in den Hochlagen unseres Landes von einer Einschränkung auf etwa 7 Monate auszugehen ist. Demnach dauert die Überwinterung etwa 4-5 Monate.

Martin Schlüpmann
Hierseier Weg 18
D-58119 Hagen
emal: martin.schluepmann@t-online.de
Programm

Temperatur- und Aktivitätsmuster von Waldeidechsen in der Pyrenäen: Testen von Null-Hypothesen in einer GIS Umwelt

Carretero, M. A., J. M. Roig, N. Sillero & R. Ribeiro

Lacertiden in gemäßigten Breiten werden allgemein als aktive Thermoregulatoren beschrieben, die Sonnenstrahlung als ihre Hauptwärmequelle nutzen. Etliche Studien mit direkten Temperaturmessverfahren haben aktive Thermoregulation gezeigt. Dabei geht man meist davon aus, das Tiere die in Freien angetroffen werden, sonnen, während die die nicht sichtbar sind, inaktiv sind, was jedoch nicht immer zutreffen muß.

Wegen ihrer unauffälligen Lebensweise in Vegetation kann die Waldeidechse ein gutes Modell zur Untersuchung versteckter Aktivität sein. So haben wir die Tempe-raturbedingungen und Aktivitätsmuster einer Hochgebirgspopulation eierlegender Waldeidechsen in 1800 m Höhe in den Pyrenäen untersucht. Zwei generelle Null Hypothesen wurden getestet Zufallsgesteuerte Aktivitätsmuster und allein durch Thermoregulation gesteuerte Aktivitätsmuster. In einer Fläche von 100 X 100 m wurden die Tiere während der ganzen täglichen und jährlichen Aktivitäts-periode entlang von normalisierten durchgehenden Transsekten gesucht. Das ganze Gebiet wurde in einem GIS Verfahren kartiert wobei die verschiedenen Mikrohabitatstruk-turen und die zugehörigen Temperaturdaten erfasst wurden, die jeweils mittels Data-Loggern und Kupfermodellen von Eidechsen ermittelt worden waren. Jede Eidech-senbeobachtung wurde punktgenau erfaßt und einer Individuenklasse (adulte Männchen, adulte Weibchen trächtig oder nicht trächtig, Subadulte) und einem Mikrohabitat zugeordnet. Die Vorzugstemperaturen (Tp) für jede Klasse war aus früheren Studien bekannt. Zeitliche und räumliche Aktivitätsmuster wurden auf dieser Basis durch Interpolation modelliert und mit den Wärmeverteilungskarten verglichen.

Die Aktivitätsmuster wichen räumlich und zeitlich von einem Zufallsmuster ab, was auf Thermoregulation hindeutet. Aber die Waldeidechsen verbringen wesentliche Zeiten in thermisch suboptimalen Bedingungen selbst wenn man die Umwelt-beschränkungen in der großen Höhe einrechnet. Dies trifft insbesondere für adulte Männchen im Frühjahr zu.

Während der heißesten Stunden (Mittags im Sommer) waren die operativen Temperaturen innerhalb der Callunabüsche näher an der Vorzugstemperatur als die Temperaturen im offenen Bereich, was eine Aktivität der Tiere im Verborgenen vermuten läßt. Diese Ergebnisse werden im Hinblick auf die allgemeine Ökologie der Waldeidechse diskutiert, auch werden Ausblicke auf die Analyse ähnlicher Muster bei anderen Eidechsenarten gegeben.

Carretero, M. A. & N. Sillero
CIBIO, Centro de Investigação em Biodiversidade e Recursos Genéticos
Campus Agrário de Vairão
Vairão 4485-661, Portugal
email: carretero@mail.icav.up.pt

J. M. Roig & R. Ribeiro
Departament de Biologia Animal
Facultat de Biologia, Universitat de Barcelona
Av. Diagonal 645
08028 Barcelona, Spain
Programm

Habitat selection and distribution of Zootoca vivipara in Latvia

Andris Čeirāns

Zootoca vivipara is the most common reptile species in Latvia. Survey conducted in 1999-2003 indicated the presence of the species in 95% of the randomly selected 5x5 km squares. The species was rare only in intensive agriculture areas in southern Latvia. Multiple regression analysis on species density data collected on transects revealed higher abundances for areas with high proportion of various wet coniferous forest habitats, and relatively cool summer temperatures.

Surveys conducted in the forest habitats of two National Parks showed preferences for pine-dominated stands of various age, and young spruce-dominated stands. Zootoca vivipara was found in most of the forest types, recognized for forestry purposes. It preferred two groups of forest types, both with extra moisture in soil: I) stunted pine stands on raised bogs to pine, pine-birch forests on wet or drained Sphagnum and Carex peat; II) types on moderately rich soils with Vaccinuim myrtillus dominated herb layer, and mixed (pine-spruce-birch) canopy.

More detailed data on microhabitats were described on circular plots (n=136), with the centre in a point, where a Zootoca vivipara specimen was observed first time. Coverage of different arbitrary vegetation groups (e.g. xeric, mesic grasses etc.) or easily-determinable and abundant plant species (e.g. Calluna vulgaris) was estimated and described using modified Braun-Blanquet method. Data covered all variety of habitats, but might have some bias towards more open sites where specimens are easily detected. In order to classify these plots, cluster analysis was performed, and natural groups of the habitats were separated using the Discriminant Function Analysis. First two functions explained 69% of the variance, habitat clusters were separated along pine forest – open area, and rich – poor soil functions. Most of the habitats could be classified as disturbed (roadsides, clearings etc.) or naturally open sites. 47% of the plots were classified as sites dominated by mesic grasses, with some amount of broadleaved herbs and sparse shrub (mainly Salix) cover; 22% of the sites were dominated by Calamgrostis grasses with sparse deciduous tree and shrub cover. Less important (13%) were sites with low, sparse pine in wooded vegetation layer (clearings, cuttings), on poor soils with undershrubs (Calluna vulgaris, Vaccinium vitis-idae) and some grass cover. Proper forest sites also were relatively few (12%), characterized by relatively sparse tall pine stands under various soil moisture conditions, some shrub cover, and herb layer dominated by Vaccinium myrtillus, in dryer sites also with mesoxeric grasses, in wetter – Carex, Eriophorum, Sphagnum.

Dr. Andris Čeirāns
Department of Zoology and Animal Ecology Faculty of Biology
University of Latvia
Riga LV 1586 LATVIA
email: andrisc@lanet.lv
Programm

Gefährdung und Schutz der Waldeidechse - Was kann man für die Art tun?

Dieter Glandt

Die Waldeidechse ist keine FFH-Art und gilt in der bundesweiten Roten Liste als nicht gefährdet. Danach könnte man annehmen, der Naturschutz müsse der Art keine besondere Aufmerksamkeit zuteil werden lassen. Auf der Ebene der 16 deutschen Bundesländer stellt sich jedoch die Situation anders dar. Nur in neun Ländern wird sie als nicht gefährdet eingestuft. In einem Bundesland ist eine Gefährdung anzunehmen, in drei Ländern wird sie auf der Vorwarnliste geführt und in drei weiteren gilt sie als gefährdet. Um die Situation nicht weiter zu verschlechtern sollte man rechtzeitig gegensteuern.

Zu den natürlichen Gefährdungsursachen gehören vor allem Sukzessionsvorgänge. Verbuschungs- und Bewaldungsprozesse sind Hauptfaktoren zumindest des lokalen Rückganges von Waldeidechsenpopulationen. Die bedeutsamsten anthropogenen Gefährdungsfaktoren sind der Torfabbau in den letzten Hochmooren, eine wirtschaftlich orientierte einseitige Waldbewirtschaftung und die Beseitigung von vernetzenden linienhaften Landschaftselementen außerhalb der Wälder, z. B. Hecken. Auch das Verschwinden vieler Kleinstrukturen in der Landschaft (z. B. Totholzhaufen, Geländekanten) ist zu beklagen.

Eine besondere Bedeutung für den Schutz der Waldeidechse kommt einer naturnäheren Waldbewirtschaftung zu. Hierzu gehören die Förderung von Misch- und Laubwäldern, die Offenhaltung von Windwurfflächen und Kleinkahlschlägen, der Erhalt breiter, gestufter Waldränder und von Innensäumen entlang der Waldwege sowie die Förderung vielfältiger Kleinstrukturen, z. B. Totholz- und Lesesteinhaufen. Auch durch das Offenhalten von Abgrabungen kann man einen wichtigen Beitrag zum Waldeidechsenschutz leisten.

In ihrer Gesamtheit sollen Schutz- und Hilfsmaßnahmen den Biotopverbund verbessern, da es nicht ausreicht, einzelne lokale Populationen der Waldeidechse zu schützen. Vielmehr gilt es, ein Populationsnetz mit funktionierendem Genaustausch zwischen den lokalen Populationen zu erhalten. Deshalb ist der Schutz von linienhaften Landschaftselementen außerhalb der Wälder von besonderer Bedeutung. Hierzu gehören u. a. der Erhalt von Hecken und Lesesteinmauern, Wegsäumen, Bahnböschungen und stillgelegten Bahntrassen. Auch eine tierschonende Graben- und Böschungsunterhaltung leisten einen wichtigen Beitrag zum Waldeidechsenschutz, da hier manchmal beachtliche Bestände leben.

Bei der Wiedervernässung und Entbuschung von Hochmooren sollte in den Randbereichen der Flächen besonders auf die Bedürfnisse der Waldeidechse und anderer Reptilien (Kreuzotter, Schlingnatter) Rücksicht genommen werden.

Dieter Glandt
Akazienstraße 54 a
D-48607 Ochtrup
Email: dub.glandt@t-online.de
Programm

Zur Verbreitung und genetischen Diversität der Waldeidechse (Zootoca vivipara) im Raum Mittelostdeutschlands

Wolf-Rüdiger Grosse, Sylvia Hofmann & Heinz Berger

Die Waldeidechse (Zootoca vivipara) ist einer der häufigsten Vertreter der heimischen Reptilienfauna und bis auf wenige Ausnahmen in ganz Deutschland verbreitet. In weiten Teilen der stark agrarisch und industriegewerblich genutzten Regionen in der Mitte Sachsen-Anhalts und in West-Sachsen tritt sie jedoch nur vereinzelt auf, wahrscheinlich bedingt durch den Verlust und die Fragmentierung von Lebensraum.

Es wurde eine aktuelle Verbreitungskarte der Art für die Region des mittleren Sachsen-Anhalt und Teilen Westsachsens im Bereich der Leipziger Tieflandbucht erstellt, in welcher sowohl frühere Artnachweise (1964 - 1989) als auch die gegenwärtigen Vorkommen (1990 - 2000) vergleichend dargestellt wurden. Das Ergebnis ist erschreckend. Im ehemaligen sächsischen Teil des Untersuchungsgebietes beträgt der Rückgang der Art gemessen an den besetzten MTBQ 76 % und im sachsen-anhaltinischen Teil mindestens 60 % (die Vergleichsdaten vor 1989 sind hier nicht so umfangreich wie in Westsachsen). Momentan lassen sich über die Ursachen dieser Entwicklung nur Vermutungen anstellen, denn bei Einzelprüfungen von ehemals besetzten 40 MTBQ im Großraum zwischen Halle und Leipzig sind die ursprünglichen Habitate zu 80% der Fälle noch vorhanden.

Landschaftsfragmentierung kann zu einem Verlust genetischer Variabilität infolge genetischer Drift in kleinen Populationen führen und den Genfluß zwischen Populationen einschränken bzw. zum Erliegen bringen. Wir testeten diese Hypothese, indem die genetische Variabilität an sieben Mikrosatelliten-Loci in fünf sachsen-anhaltischen und sächsischen Populationen aus Gebieten mit höherem Fragmentierungsgrad sowie in zwei Kontrollpopulationen aus Gebieten mit Verbreitungsschwerptmkten (Ost-Harz, Mecklenburg-Vorpommern) verglichen wurde.

Die Heterozygotieraten aller Populationen waren ähnlich hoch. Die Alleldiversitäten der Referenzpopulationen waren signifikant größer als jene der fragmentierten Populationen. Die genetische Distanz zwischen den Populationen ließ keinen eindeutigen Schluss zu, jedoch wird vermutet, dass die agrarische und industriegewerbliche Landnutzung als anthropogene Barriere wirkt und den Genaustausch zwischen westsächsischen und sachsen-anhaltischen Vorkommen im Bereich der Elster-Luppe-Aue verhindert. Inwieweit dieses eine Beispiel auf das gesamte Zentrum des Untersuchungsgebietes übertragbar ist, muss in weiteren Studien geklärt werden. Derzeit wird dazu das Ausbreitungspotenzial der Art und in dessen Folge die Verwandtschaftsverhältnisse der Vorkommen kleinster Lokalitäten untersucht.

Wolf-Rüdiger Grosse, Sylvia Hofmann
Institut für Zoologie
Martin-Luther-Universität Halle/Wittenberg
Domplatz 4,
D-06108 Halle/Saale
Email: s.hofmann@zoolooie.uni-halle.de wolf.orosse@zoolooie.uni-halle.de

Heinz Berger
Siedlung 4
D-04779 Wiederoda
Programm

Wer sitzt mir am nächsten? Verwandtschaftsmuster in einer Waldeidechsenpopulation

Sylvia Hofmann

Beobachtungen von kleineren Ansammlungen Waldeidechsen, Zootoca vivipara (Reptilia: Lacertidae), die sich meist aus Individuen verschiedener Altersklassen zusammensetzen, haben zu Vermutungen hinsichtlich der verwandtschaftlichen Strukturen und dem Ausbreitungsmuster der Art geführt.

In einem Auwald-Schutzgebiet in der Nähe von Leipzig im Osten Deutschlands wurden insgesamt 682 Waldeidechsen einer Population beprobt. Mittels fünf DNA-Mikrosatelliten wurden Verwandtschaftsstatistiken ermittelt. Die Verwandtschaften zwischen Individuen, die gemeinsam beobachtet oder gefangen werden konnten, wurden, gruppiert nach Altersklasse und Geschlecht, paarweise verglichen.

Die Ergebnisse zeigen, dass adulte und juvenile Tiere, die zusammen anzutreffen waren, signifikant näher miteinander verwandt waren als fast alle anderen Gruppen. Gemeinsam gefangene Adulti waren am wenigsten miteinander verwandt, ebenso wie Subadulti. Die meisten „Paare“ waren bei juvenilen Tieren zu verzeichnen. Ansammlungen von subadulten mit juvenilen sowie adulten mit juvenilen Tieren bestanden vor allem aus Weibchen. Paare subadulter sowie adulter Männchen waren nicht miteinander verwandt.

Es gab wenige Hinweise darauf, dass Waldeidechsen in der Lage sind, verwandte von nicht verwandten Tieren zu unterscheiden und dass die Verwandtschaft Einfluss hat auf die räumliche Distanz zwischen zwei Individuen. Die Verhältnisse scheinen eher das Ergebnis eines zwischen den Geschlechtern unterschiedlichen Dispersionsverhaltens zu sein, denn einer aktiven Präferenz nah verwandter Tiere.

Dr. Sylvia Hofmann
Institut für Zoologie
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Domplatz 4
D-06108 Halle
Email: s.hofmann@zoologie.uni-halle.de
Programm

Zootoca vivipara als Instrument auf dem Weg zu Natura 2000

F.J.A. Kuenen & A. Spitzen

Von allen Reptilienarten der Niederlande ist nur die Waldeidechse nicht auf der Roten Liste. Wahrscheinlich wird sie in der nahen Zukunft aber in diese Liste kommen weil die Ergebnisse des nationalen ökologischen Monitorings einen Abnahmetrend für das letzte Jahrzehnt zeigen. Eine der Ursachen für diesen Trend ist höchstwahrscheinlich die Fragmentation der Habitate.

1998 zeigte eine Studie das über die Hälfte der geeigneten Örtlichkeiten in der Provinz Nord Brabant in einem Zeitraum von 15 Jahren verschwunden waren, (van Delft & Kuenen 1998). Viele dieser Örtlichkeiten waren durch intensive Landnutzung für die Eidechsen ungeeignet geworden. Infrastrukturausbau, Ackerbau und Ausbreitung städtischer Gebiete stellen auch weiterhin einen ständig zunehmenden Stress für die verbliebenen Habitate dar.

Um die Effekte der Habitatzerstückelung zu begrenzen oder sogar umzukehren soll ein nationales ökologisches Netzwerk als Teil von Natura 2000 eingerichtet werden. Dieses Netzwerk von Schutzgebieten, Korridoren und Trittsteinhabitaten soll dem Schutz vieler Arten dienen, darunter auch Zootoca vivipara. In einem NENA (National Ecological Network Assessment) genannten Projekt wird die Waldeidechse als Modellart zur Bewertung genutzt. Durch die Kombination aktueller und historischer Kartierungsdaten, demographischer und molekulargenetischer Daten hoffen wir ein Modell zu konstruieren, das die Effekte des nationalen ökologischen Netzwerks für Arten mit geringen Wanderungsfähigkeiten vorhersagen kann. Die Modellergebnisse können als Anleitung zur Verbesserung der Managementmaßnahmen in bestehenden und neu zu schaffenden Schutzgebieten dienen.Auch sollen sie den Erfolg eines Korridors abschätzen helfen, ehe dieser angelegt wird.

F.J.A. Kuenen & A. Spitzen
Stichting RAVON (Reptile Amphibian Fish Research Netherlands)
Programm

Karyotypverbreitung in Randpopulationen von zwei verschiedenen Formen von Zootoca vivipara (Jacq 1787) aus einer sekundären Kontaktzone im Ostseeraum

L.A. Kupriyanova, O. B. Melashchenko & P. I. Alerseev

Die weitverbreitete Waldeidechse Zootoca vivipara (Jacq. 1787) erweist sich neuerdings als Komplex aus mehreren morphologisch schlecht abgrenzbaren Unterarten und Formen. In West- und Mitteleuropa ist die Art vertreten durch ein Mosaik von Populationsgruppen, die in karyologischen und molekularen Merkmalenunterschieden sind, aber auch in ihrem Fortpflanzungsmodus (eierlegend oder lebendgebärend). Unter den eierlegenden Populationen wurde eine neu beschriebene Unterart Z.v. carniolica und zwei cytotypen von Z. v. vivipara nachgewiesen während innerhalb der lebendgebärenden Populationen fünf verschiedenene Chromosomenformen innerhalb Z. v. vivipara auftreten. In Osteuropa kommt eine dieser Chromosomenformen vor soweit die karyologischen Daten bislang zeigen.

Die karyologischen Unterschiede betreffen die diploide Chromosomenzahl der Weibchen (2n = 35, 36), den Typ der weiblichen Geschlechtschromosomen (ZW oder Z1Z2W) aber auch Größe und Form des W sex Chromosoms. Damit sind Chromosomenmerkmale gute Marker zum Erkennen zahlreicher morphologisch ähnlicher Populationsgruppen bei Z. vivipara. Der taxonomische Status dieser verschiedenen Chromosomenformen und das Bild ihrer genauen Verbreitung bleibt jedoch noch unklar. Einige dieser Formen besiedeln nur kleine Gebiete, andere sind selten in einem Land.

Karyologische Untersuchungen haben gezeigt, das eine „westliche“ Form von Z. v. vivipara den westlichen Ostseeraum besiedelt, d. h. Norddeutschland, Nordpolen und Schweden. Diese Form wurde jüngst auch im westlichsten Teil Russlands gefunden. Aber in Osteuropa kommt eine andere, die „russian“ Form vor, die im nordwestlichen Teil Russlands, in Finnland und Estland nachgewiesen ist. Daher wird vermutet, daß das Ostseebecken eine sekundäre Kontaktzone zwischen diesen zwei Formen darstellt

Um die Verbreitung und den Status dieser Formen zu klären haben wir Waldeidechsen von mehreren neuen Orten an der Ostsee gesammelt. Inklusive der bislang bearbeiteten Tiere sind jetzt 25 Individuen aus dem russischen Ostseegebiet karyotypmäßig untersucht. Die Chromosomendaten bestätigen die ursprüngliche Annahme einer Kontaktzone im westlichsten Russland (Königsberger Gebiet) zwischen der „western“ und der „russian“ Form von Z. v. vivipara

L. A Kupriyanova
Zoological Institute of RAS
St Petersburg, Russia

O. B. Melashchenko & P. I. Alerseev
Rossiiskyi State University named I. Kant
Kaliningrad, Russia
Programm

Ökologische und Populationsökologische Aspekte und zwischenartliche Beziehungen der Lacertiden Zootoca vivipara und Lacerta agilis im Bereich sympatrischer Vorkommen (in Südsibirien)

V.N. Kuranova, S.V. Patrakov, O.A. Krechetova & N.V Baranovskaja

Innerhalb ihres großen, Südsibirien umfassenden natürlichen Lebensraums sind Zootoca vivipara und Lacerta agilis durch allopatrische und sympatrische Populationen vertreten. Unsere Untersuchungen wurden von Mai bis September in den Jahren 2002-2004 in verschiedenen Landschaften im Südosten Südsibiriens durchgeführt, außerdem in zwei Versuchsflächen in der Umgebung von Tomsk. Dabei wurden folgende Parameter erfasst: spezifische und durchschnittliche Dichte, Altersstruktur und Geschlechterverhältnisse, räumliche Verteilungsmuster und Aktionsraumgrößen und der Grad der ökologischen Nischentrennung.

In verschiedenen Kleinhabitaten der Versuchsflächen konnten deutliche Dichte-schwankungen auftreten. In allen Kleinhabitaten auf der Versuchsfläche gab es Abnahmetrends bei den Zauneidechsen und Zunahmetrends bei den Waldeidechsen. Offenbar haben sich die Habitatbedingungen optimal für die letztere Art entwickelte.

Die Zauneidechsenpopulation zeigte mit einem Geschlechterverhältnis von 3 : 1 ein Überwiegen der Weibchen während bei den Waldeidechsen ein ausgeglichenes Verhältnis nahe 1 : 1 gefunden wurde. Das räumliche Verteilungsmuster bei Z. vivipara ist vom aggressiven Typ (δ⁄m>1), der Aktionsraum der Männchen ist 1,3 mal größer als der gleichalter Weibchen. Demgegenüber ist das räumliche Verteilungsmuster von L.agilis eher diffusiver Natur (δ⁄m=1). Die Aktionsräume adulter und halbwüchsiger Zauneidechsenmännchen sind 1,5 mal größer als die gleichalter Weibchen. Die Unterschiede in der Raumnutzung werden bedingt durch die unterschiedliche Territorialstruktur und die Verschiedenheit der bevorzugten Versteckplätze. Bei beiden Arten wurde eine deutliche Korrelation zwischen der Körperlänge der Weibchen und der Fruchtbarkeit festgestellt.

In der Aktivitätsperiode ist die zeitliche Komponente der ökologischen Nische bei der Waldeidechse zweimal größer als bei der Zauneidechse. Hinsichtlich der Nahrungsdimension sind die sympatrisch lebenden Arten gleich in der quantitativen Nahrung, unterscheiden sich aber in der qualitativen Zusammensetzung. Die Kiefermaße von adulten und halbwüchsigen Zauneidechsen sind 2 - 3 mal größer als die der Waldeidechsen.

So bestehen saisonale und jährliche Unterschiede in der Populationsdichte, dem Altersaufbau und der Geschlechterverteilung und speziellen Strukturen zwischen Zaun- und Waldeidechsen. Diese artspezifischen Unterschiede in der Territorialität und der Siedlungsrate, den Habitatansprüchen, der Fortpflanzungsstrategie und den Orten, wo sich die Jungtiere des Jahres aufhalten erlaubt es den beiden Arten bei sympatrischem Vorkommen, im gleichen Gebiet zu koexistieren.

Eidechsen mit Gliedmaßenanomalien (zusätzliche Beine oder Vielzehigkeit) wurden im Untersuchungsgebiet gefunden. Äußere morphologische Anomalien können durch Anreicherung verschiedener toxischer Substanzen in den Organismen verursacht werden. So haben wir beispielsweise in einer vom sibirischen Chemiekombinat beeinflußten Zone solche Anomalien bei Amphibien beobachtet. In den Geweben dieser Tiere waren hohe Konzentrationen toxischer Elemente fixiert.(Kuranova & Baranovskaya 2003)

V.N. Kuranova, S.V. Patrakov & O.A. Krechetova
Tomsk State University
Tomsk 634050

N.V. Baranovskaja
Tomsk Polytechnical University
Tomsk 634050
Programm

Verbreitung und Lebensräume der Waldeidechse in Baden-Württemberg

Hubert Laufer, Klemens Fritz & Michael Waitzmann

Die Waldeidechse wurde bisher in Baden-Württemberg nicht speziell untersucht. Aus manchen Naturräumen sind kaum Daten bekannt. Insgesamt liegen landesweit 2496 Fundmeldungen aus 1737 Fundorten vor, was auf der Basis der TK-25-Quadranten eine Präsenz von 45 % ergibt. Baden-Württemberg wird nahezu flächendeckend besiedelt, aus-gespart werden nur trockenwarme Gebiete. Die Hauptverbreitung liegt in den mittleren bis höheren Lagen der Mittelgebirge, in Waldgebieten sowie in den Moorgebieten Oberschwabens und des Allgäus. Lokal, wie zum Beispiel am Oberrhein, existieren auch Populationen in sommerwarmen, aber feuchten, tieferen Lagen.

Die Waldeidechse bewohnt mit über 50 % offene Lebensräume wie Moore, feuchte Wiesen, verschiedene Heiden und Halbtrockenrasen, Böschungen, z. B. an Gewässern und Bahnanlagen, Brachen und Abbaugebiete. Auch in den gehölz-dominierenden Lebensräumen scheint es, dass sie nur selten direkt im Wald vor-kommt und wenn, dann vor allem an Waldwegen. Häufiger ist sie auf Lichtungen, Kahlschlägen, Sturmwurfflächen oder am Waldrand und entlang von Feldgehölzen zu finden. In den verschiedenen Höhenlagen gibt es keine größeren Unterschiede zwischen Offenland und Wald. In den niederen Lagen unter 300 m ü. NN scheint sie Wälder zu bevorzugen, kommt aber auch im offenen Wiesengelände vor. In den höheren Lagen über 1000 m ü. NN scheint sie offenes Gelände oder Waldränder zu bevorzugen.

Ihre Lebensräume zeichnen sich überwiegend durch eine beständige Bodenfeuchte und zumindest teilweise trockene Sonnungsplätze aus. So wird sie vor allem im Mooren (Nieder-, Übergangs- und Hochmooren), Feuchtwiesen (z. B. Seggenriede, Nasswiesen) oder an Gewässerböschungen gefunden. Aber auch überwiegend trockene Lebensräume, wie Wachholder- und Ginsterheiden, Halbtrockenrasen oder Schutthalden und Steinriegel werden besiedelt. Dass die Waldeidechse in der Besiedlung ihrer Lebensräume sehr opportunistisch ist, zeigt der Vergleich der besiedelten Lebensräume in unterschiedlichen Naturräumen. So besiedelt sie z. B. am Bodensee überwiegend feuchtere Lebensräume, wie Seggenriede, aber auf der Schwäbischen Alb haben trockenere Lebensräume, wie Wacholderheiden, Halbtrockenrasen oder Böschungen eine höhere Dominanz. Sie wurde auf der Schwäbischen Alb nur in einem Seggenried gefunden, dies könnte auch in etwa der Häufigkeit des Lebensraumes entsprechen.

Hubert Laufer
Büro für Landschaftsökologie
Friedenstrasse 28
77654 Offenburg
Email: bfl.laufer@t-online.de

Klemens Fritz
Tennenbach 6
79348 Freiamt

Dr. Michael Waitzmann
Fuchsbau 29a
76288 Karlsruhe
Programm

Zur Phylogenie von Zootoca vivipara

Werner Mayer

Die Bergeidechse hat von allen Lacertidae das größte Areal, es reicht von Irland bis zur asiatischen Pazifikküste. In diesem Gebiet sind außer der Namonatform drei weitere Unterarten beschrieben worden: (1) Z. vivipara sachalinensis (ist möglicher Weise ein nomen nudum) von der Insel Sachalin, (2) Z. v. pannonica aus dem pannonischen Teil der Südost-Slowakei sowie (3) die eierlegende Z. v. carniolica aus dem südlichen Mitteleuropa.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass Z. vivipara wie andere kühl adaptierte Organismen (z. B. manche Schnecken, Kleinsäuger und Amphibien) glaziale Refugialräume in Mitteleuropa nutzen konnten. Dies führte zu einer Anzahl nach mitochondrialen DNA-Sequenzen, karyologischen Merkmalen und Fortpflanzungsmodalität unterscheidbarer Populationsgruppen. Nach mitochondrialen Daten lassen sich sieben, nach kariologischen Daten zumindest drei Gruppen unterscheiden. Die Größe der Unterschiede in der mitochondrialen DNA sprechen, in Abhängigkeit von der angenommenen Evolutionsrate, für eine Trennung der Linien vor 1 bis 4 Millionen Jahren. Allerdings kann angenommen werden, dass es beim Kontakt verschiedener Linien während der Warmphasen zumindest partiell zur Vermischung gekommen ist. Ob dies allerdings je zu einer Homogenisierung im Bereich der nukleären DNA geführt hat, kann erst nach einer Untersuchung mit geeigneten nukleären Markern entschieden werden.

Werner Mayer
email: werner.mayer@nhm-wien.ac.at
Programm

Die Bergeidechse in den Ostalpen – innerartliche Diversität, potenzielle glaziale Refugialräume und postglaziale Besiedlung

Werner Mayer

Es wurden mitochondriale DNA-Daten von ca. 130 Individuen aus Österreich, Slowenien und Norditalien ermittelt. Danach leben in diesem Gebiet vier deutlich unterscheidbare Populationsgruppen: (1) die Gruppe "Nord" in Teilen der Nord- und Zentralalpen sowie lokal im pannonischen Tiefland Niederösterreichs und des Burgenlandes, (2) die Gruppe "Ost" im südlichen Teil der Zentralalpen, (3) die Gruppe "West" in Westösterreich bis Oberösterreich und (4) die Eier legende Gruppe "Süd" (Z. v. carniolica) in Teilen Kärntens und Osttirols sowie in Nordost-Italien und Slowenien. Anhand der rezenten Verbreitungsgebiete der verschiedenen Gruppen konnten ihre glazialen Refugialräume erschlossen werden.

In Südösterreich zeigen lebend gebärende und Eier legende Populationen ein bemerkenswertes Verbreitungsmuster. So finden sich in den Norischen und Karnischen Alpen Eier legende Bergeidechsen bis in Höhen von ca. 1400m, oberhalb kommen lebend Gebärende vor. Manche dieser Populationen sind durch von Z. v. carniolica besiedelte Areale voneinander isoliert. Eine auf innerartlicher Konkurrenz und zeitlicher Abfolge der postglazialen Einwanderung basierende Hypothese zur Erklärung dieses Musters wird präsentiert.

Werner Mayer
email: werner.mayer@nhm-wien.ac.at
Programm

Intensität und Sensitivität der Bauchfärbung männlicher Z. vivipara

Martti Niskanien, Tuula A. Oksanen & Tapio Mappes

Farbbasierte Signalgebung ist bei Eidechsen verbreitet. Männliche Waldeidechsen in Finnland haben orange Bauchfärbung mit erheblicher Variation. Der Zweck dieser Färbung ist nicht eingehend untersucht und hat möglicherweise eine Bedeutung als intraspezifisches Signal. Aber dafür gibt es nur spärliche Hinweise. So haben wir einen Versuchsansatz mit unterschiedlicher Tierdichte konzipiert um zu testen, ob die Bauchfärbung der Männchen von zunehmende Präsenz von Artgenossen beeinflußt wird. Zur Messung der Bauchfärbung nutzten wir Digitalfotos und das Bildanalyse-programm Image J. Die Färbung wurde als Rotintensität im RGB Masstab erfaßt. Die Eidechsen wurden in 5 x 5 m grossen Freilandterrarien gehalten in Dichten von 2, 4, 6 und 8 Tieren, Die Ansätze wurden 2005 durchgeführt und 2006 wiederholt.

Die Intensität der Färbung erwies sich als Altersabhängig indem junge Männchen intensiver gefärbt waren als ältere. Die Färbung änderte sich auch mit der Zeit. Ein klarer Einfluss der Dichte war nicht nachweisbar, doch ergab sich immerhin eine Tendenz zur Zuhname der Rotintensität mit der Dichte. Der Zweck der Bauchfärbung der Männchen bleibt unklar und weitere Experimente zur Funktion bei der Kommu-nikation zwischen den Männchen und im Rahmen sexueller Selektion sind nötig.

Martti Niskanen*, Tuula A. Oksanen & Tapio Mappes
Department of Biological and Environmental Science
P.O. Box 35 YAC
FIN – 40014, University of Jyväskylä, Finland
Email: *maeranni@cc.jyu.fi
Programm

Zufallsstichprobenerfassung zur Klärung der Situation der Waldeidechse in Hessen

Bernd Rüblinger

Hessen ist ein Bundesland in der Mitte Deutschlands, reich an Wäldern und hügeliger Agrarlandschaft mit vielen Lebensräumen für die Waldeidechse (Zootoca vivipara). Daher ist die Waldeidechse weit verbreitet in Hessen. Die letzte landes-weite Reptilienerfassung fand in den späten 80er Jahren statt (HEIMES 1990) und bedarf der Überprüfung, insbesondere weil das damals erfasste Verbreitungs-muster der häufigeren Arten wie der Waldeidechse stark beeinflußt ist von der Bearbeitungsintensität und anderen ungleichen Erfassungsbedingungen. Im Zuge der landesweiten Erfassung der im Anhang II und IV Arten der FFH Richtlinie gelisteten Arten (Zauneidechse (Lacerta agilis) und Schlingnatter (Coronella austriaca) ) in den Jahren 2005 und 2006 wurde auch die Waldeidechse nach den selben Methoden erfasst. Vom Gesamtgebiet des Landes wurden nach einem Zufallsverfahren 964 Probeflächen von je 1 Ouadratkilometer (ca. 5 % der Landesfläche) ausgewählt, in denen mit standardisierten Methoden der Felderfassung und Datenauswertung gearbeitet wurde. Die Ergebnisse stehen zum Ende des Jahres 2006 zur Verfügung und geben zum erstmalig ein einheitliches Bild der Reptilienverbreitung. Der Vortrag erläutert die angewandten Methoden und die ersten Ergebnisse der Erfassung der Waldeidechse in Hessen.

Programm

Zwischen Nordsee und Hochharz – Bemerkungen zu Verbreitung, Lebensräumen, Gefährdung und Schutz der Waldeidechse in Niedersachsen

Richard Podloucky

Das riesige Verbreitungsgebiet der Waldeidechse sowie die unterschiedlichsten Lebensräume zeigen die hohe Anpassungsfähigkeit der Art. Diese spiegelt sich auch in Teilgebieten ihrer Verbreitung wider, wie sich am Beispiel von Niedersachsen darstellen lässt. Wie nahezu überall in Deutschland ist die Waldeidechse auch in Niedersachsen weit verbreitet und gilt damit als häufigste Reptilienart (aktuelle Rasterfrequenz > 50 %). Die Geest- und Moorbereiche des Tieflands werden nahezu geschlossen besiedelt. Auch in den Börden, im Weser-Leinebergland und im Harz ist die Waldeidechse weit, z. T. flächendeckend verbreitet. Verbreitungslücken in der „Ems-Hunte-Geest“, in der östlichen Lüneburger Heide sowie einigen Bördengebieten decken sich mit intensiv genutzten, biotopstrukturell verarmten Landstrichen, dürften aber größerenteils auf Erfassungsdefiziten beruhen. Allerdings fehlt sie mit Ausnahme einiger Randmoore an der Unterelbe und westlich der Unterweser natürlicherweise in den ehemals überwiegend salzwasserbeeinflussten Küstenmarschen. Heute kommt die Waldeidechse auf nahezu allen Ostfriesischen Inseln vor, deren Entstehung im Gegensatz zu den Nordfriesischen Inseln auf Sandaufspülungen aus dem Meer zurückgeht. Von daher muss das Vorkommen der Art als Folge von Aussetzungen oder iVerschleppungen mit Befestigungsmaterial für den Strand- und Dünenschutz gesehen werden und ist daher als allochthon zu bezeichnen. Die Höhenverbreitung der Waldeidechse reicht von Meeresspiegelhöhe bis auf die höchsten Erhebungen im Harz, in Niedersachsen der Wurmberg mit 971 m.

Wie der Name Wald-, Berg- oder Mooreidechse bereits andeutet, bewohnt sie auch in Niedersachsen überwiegend Hochmoorgebiete mit ihren weniger nassen Degenerations-stadien, Torfdämmen und Randzonen, Heiden, lichte Wälder mit ihren Lichtungen sowie sonnenexponierte Waldinnen- und -außenränder, Ruderalflächen, Magerrasen, Feldgehölze, Wallhecken, Wegränder und –böschungen und Abbaugruben.Die Anpassungsfähigkeit der Waldeidechse soll am Beispiel ihrer nordseebeeinflussten, z. T. einzigartigen Lebensräume sowie der klimatisch tundraähnlichen Bedingungen im Hochharz dargestellt werden. Dank ihrer Anpassungsfähigkeit an die klimatisch-standörtlichen Bedingungen Norddeutschlands, ihrer weiten Verbreitung und Häufigkeit gilt die Waldeidechse in Niedersachsen derzeit nicht in ihrem Bestand bedroht und wird infolgedessen in der niedersächsischen Roten Liste als nicht „gefährdet“ eingestuft. Da sie aber den Schwerpunkt ihrer Vorkommen in nicht oder nur extensiv bewirtschafteten Lebensräumen hat, sind Rückgänge aufgrund von Lebensraumverlust zu vermuten. Aufgrund ihrer Häufigkeit und daraus resultierenden mangelnden Beachtung liegen hierzu leider keine konkreten Daten vor.

Die Waldeidechse gehört laut Bundesartenschutzverordnung zu den „besonders geschützten Arten“ und besitzt damit prinzipiell einen hohen Schutzstatus im Hinblick auf Eingriffsvorhaben in ihre Lebensräume. In der Eingriffspraxis findet sie allerdings nur in Ausnahmefällen Berücksichtigung. Durch Schaffung und Pflege von strukturreichen, sonnenexponierten Waldinnen- und –außenrändern sowie Auflichtungen in Wäldern können vorhandene Lebensräume optimiert bzw. neu gestaltet sowie Ausbreitungskorridore geschaffen werden; Aufforstungen offener oder halboffener Biotope mit der Entwicklung zu geschlossenen Beständen wirken sich dagegen negativ aus. Bei der Renaturierung von Hochmooren sollte auch auf die Entwicklung und Pflege trockenerer, verbuschter Randbereiche geachtet werden.

Richard Podloucky
Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft
Küsten- und Naturschutz (NLWKN)
Geschäftsbereich Naturschutz
Göttinger Chaussee 76A
D-30453 Hannover
email: richard.podloucky@nlwkn-h.niedersachsen.de
Programm

Überraschende Erkenntnisse zur nomenklatorischen Geschichte der Berg- oder Waldeidechse, nunmehr: Zootoca vivipara (LICHTENSTEIN, 1823)

Josef Friedrich Schmidtler & Wolfgang Böhme

J.F. DE JACQUIN überschrieb im Jahre 1787 eine kurze Mitteilung mit folgenden Worten: „Lacerta vivipara, observatio Jos. Francisci de Jacquin“. Eine sorgfältige Übersetzung des lateinischen Textes ergab, dass De Jacquin ausdrücklich keine neue Art beschrieb, sondern dass er vielmehr der Öffentlichkeit lediglich die überraschende Entdeckung einer lebendgebärenden Eidechse (lateinisch: „Lacerta vivipara“) kundtun wollte. Das erkannte später auch COCTEAU (1835), doch wurde dieser Umstand in der Literatur sofort wieder vergessen. DE JACQUINs respektable Zurückhaltung ist vor dem Hintergrund der chaotischen Zustände in der Eidechsen-Systematik jener Jahre zu sehen. Historische Recherchen ergaben, dass dabei die heutigen Eidechsenarten Lacerta agilis, Podarcis muralis und Zootoca vivipara meist unter dem linneischen Namen Lacerta agilis in einen Topf geworfen wurden. Erst Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die Artidentität der Waldeidechse (Lacerta oedura SHEPPARD 1804, Lacerta crocea WOLF in STURM 1805, etc.) erkannt, dies allerdings im Zusammenhang mit der Entwicklung einer extremen Splittingsituation bei jenen drei Arten. Zur Sicherung der nomenklatorischen Stabilität für diese wohlbekannte und weit verbreitete Eidechse muss der nächste Autor, der, unter Bezugnahme auf DE JACQUIN's (1787) lateinischen Terminus "Lacerta vivipara", diesen klar als wissenschaftlichen Namen benutzt, auch als Erstbeschreiber betrachtet werden. Nach unseren Literaturrecherchen ist dies LICHTENSTEIN (1823). Einige ältere Synonyme müssen dabei unterdrückt werden. Um zukünftige taxonomische Änderungen zu erleichtern, präsentieren wir abschließend eine aktualisierte Liste der Synonymie von Zootoca vivipara.

Josef Friedrich Schmidtler
Oberföhringer Str. 35
D-81925 München
email: josef.schmidtler@gmx.de

Wolfgang Böhme
Zoologisches Forschungsmuseum A. Koenig
Adenauerallee 160
D 53113 Bonn
Email: w.boehme.zfmk@uni-bonn.de

Programm

Die Waldeidechse Lacerta (Zootoca) vivipara als eine Modellart für Bioindikation und Biomonitoring

Dmitry V. Semenov

Reptilien werden selten zur Bioindikation genutzt. Allerdings machen manche ihrer biologischen Eigenschaften (Langlebigkeit, geringe Mobilität, relative Häufigkeit, opportunistische Nahrungswahl, Widerstandfähigkeit gegen physiologische Belastungen) sie zu möglicherweise effektiven Objekten für Biomonitoring. In diesem Zusammenhang sollte ein so weit verbreiteter und häufiger ökologischer Generalist wie die Waldeidechse Lacerta ( Zootoca ) vivipara besonders interessant sein. Deshalb habe ich bei meinen vorbereitenden herpetologischen Untersuchungen in mehreren radioaktiv verseuchten Gebieten Russlands besonders auch die Waldeidechse beachtet. In den Jahren 1992 – 1997 wurden herpetologische Untersuchungen in belasteten Flächen in den Regionen Chelyabinsk, Bryansk und Moskau sowie in der Komi Republik unternommen. In allen untersuchten Habitaten wirkten die Eidechsenpopulationen sehr gesund mit keinen Anzeichen negativen Einflusses. Die demographische Struktur und die Nachwuchsrate zeigten keine Abweichungen. Auch wurden keine morphologischen Abweichungen zwischen den Tieren aus belasteten Flächen und benachbarten Kontrollflächen in der Region Chelyabinsk gefunden. Andererseits zeigten die Stichproben von den am stärksten radioaktiv belasteten Flächen dieser Region einen bemerkenswert hohen Grad an embryonalen Mißbildungen. So erweist sich die Embryogenese als das empfindlichste ontogenetische Stadium als geeignet, biologisch kritische Strahlenbelastungen anzuzeigen.

Die Analyse von Radionucliden in Waldeidechsenproben zeigt eine adaequate Akkumulation von radioaktiven Substanzen. In jedem Tier einschließlich der Neugeborenen wurden Radionuclide gefunden. Die Konzentration der Radionuclide schwankte um bis zu zwei Größenordnungen zwischen den einzelnen Tieren einer Fangstelle. Außerdem zeigten die Stichproben aus der Moskauer Region Schwermetallakkumulationen.

Somit zeigen unsere bisherigen Ergebnisse dass die Waldeidechse sehr gut für Bioindikationszwecke nutzbar ist.

Dmitry V. Semenov
The Severzov Institute of Ecology and Evolution RAS
119071 Leninsky 33
Moscow, Russia
email: dsemenov@orc.ru
Programm

Bestandsschwankungen in einer Zootoca vivipara metapopulation

Henk Strijbosch

Im einem isolierten Flussdünengebiet wurden in 10 aufeinander folgenden Jahren die Tiere in allen Subpopulationen einer großen Metapopulation von Zootoca vivipara gezählt. In den meisten Subpopulationen ergaben sich hohe Schwankungen der Anzahlen. Die meisten dieser Schwankungen konnten auf natürliche Prozesse in der Umwelt und / oder Managementmaßnahmen im Gebiet zurückgeführt werden. Jedoch konnten nicht alle Schwankungen so erklärt werden. Einige mögliche Erklärungen werden diskutiert. Jedenfalls zeigt diese Art hier wie in vielen anderen Aspekten ihrer Populationsökologie eine sehr hohe Plastizität.

Prof. Dr. Henk Strijbosch
Heilige Stoel 52-50
NL - 6601 Nijmegen
email: hstrijbo@sci.kun.nl
Programm

Verbreitung und Ökologie von Z. vivipara im Norden der unteren Wolgaregion

Vasili Tabachisin, Eugeny Zavialov & Irina Tabachishina

Trotz der weiten Verbreitung von Zootoca vivipara in der nördlichen Paläarktis sind einige ihrer lokalen Vorkommen in den randlichen Teilen des Areals immer noch schlecht bekannt, vor allem wegen der zerstreuten Vorkommen. Dies gilt für den südlichen Teil des Areals und besonders die nördliche Untere Wolgaregion.

Unsere Felduntersuchungen in den Jahren 1996-2005 haben genügend Material erbracht. Es bestehen lokale Vorkommen in den Flußlandschaften der Flüsse Wolga, Medveditsa und Khopyor und ihren Zuflüssen in der Saratov Cis Wolga Region, womit sich die Vorkommen weiter erstrecken als zuvor erwarted. Die südliche Verbreitugsgrenze geht entlang der Khopyor Flußaue und erreicht 51°40´nördl. Breite. Die Eidechsen leben nicht überall in dem Gebiet sondern sind an nasse und sumpfige Flächen gebunden. Sie meiden offene trockene Flächen und Ackerbaugebiete zwischen den Flußläufen.

Waldränder, zugewachsene Lichtungen, Buschkanten an der Ufern von Teichen und Schluchthänge sind Habitate der Art, auch werden sie oft in nassen Moos- und krautreichen Feuchtwiesen gefunden, wenn diese an Wälder grenzen oder von Büschen durchsetzt sind. Häufig lebt die Waldeidechse zusammen mit der Zauneidechse Lacerta agilis, meist in Ökotonen an den Grenzen von verschieden feuchten Habitaten. Die Populationsdichte von Z vivipara ist meist viel niedriger als die von L. agilis.

Die Fortpflanzungszeit von Z. vivipara beginnt bald nach dem Verlassen der Winterquartiere, oft im späten April. Aber die Zeiten des Winterschlafendes, der beginenden Fortpflanzungszeit und der Massenpaarungen von Z.vivipara hängen stark von den phenologischen Bedingungen des jewiligen Jahres ab. So wurden beispielsweise am 27. Mai nahe Semionovka noch Weibchen mit frischen Paarungsbissen gefunden.

Die Entwicklung der Embryonen dauert in unserer Region offenbar 60 Tage oder mehr. Unsere Studen zeigten Fälle von Eiresorption auf verschiedenen Stadien der Embryonenentwicklung. Von Ende Juli bis August erscheinen 3-11 (6,2 im Schnitt von 17 Fällen) Schlüpflinge mit einer Körperlänge von 27,2 – 32,6 mm. Sie werden in einer transparenten Schale geboren und befreien sich sofort daraus, sehr selten erst nach einigen Stunden. Vor dem Einwintern erreichen sie Längen bis zu 38,3 mm. Geschlechtsreif werden sie im zweiten Jahr.

Die Studien zeigen, das Z. vivipara relativ stabile Populationen in der Unteren Wolgagebiet innerhalb der Saratov Cis Wolga Region hat. Angesichts der zersplitterten Natur der Arealrandpopulationen sollte die Art im Roten Buch der Saratov Region aufgeführt werden.

Vasili Tabachisin & Irina Tabachishina
Saratov branch of A.N. Severtsov Institute for Ecology and Evolution RAS
24 Rabochaya Str.
410028 Saratov, Russian Federation
Email: hrustovav@forpost.ru

Eugeny Zavialov
Saratov State University
83 Astrakhanskaya Str.
410012 Saratov, Russian Federation
email: eddep@sgu.ru
Programm

Habitatmanagement für Waldeidechsen in der Praxis: Resultate aus Gärten und Grünbrücken

Steffen Teufert & Michael Werner

In der Oberlausitz besitzt die Waldeidechse im Bergland sowie in den angrenzenden Gefildebereichen noch große zusammenhängende Vorkommen. Trotz dieser Tatsache ist eine deutliche Ausdünnung der Abundanzen festzustellen. Eine bedeutende Rolle diesbezüglich spielt die rasche Zunahme nitrophiler Pflanzenarten sowie die flächige Ausbreitung von Reitgras in den Waldsaumbereichen.

Drei Beispiele aus diesem Raum belegen, dass die Waldeidechse günstig und schnell auf ein entsprechendes Habitatmanagement reagiert und auf diese Weise zu schützen und zu fördern ist.

Seit mehr als einem Jahrzehnt wurden in zwei Gärten (300 bzw. 400 m2) Anstrengungen unternommen, die dort noch vereinzelt vorkommende Waldeidechse durch ein spezielles Habitatmanagement zu fördern. Beide Gärten befinden sich am Nordwestrand des Berglandes und sind durch mehr oder weniger angrenzende kleine Waldflächen gekennzeichnet. Die zielgerichteten Maßnahmen bestanden und bestehen vor allem im Freistellen (zur längeren Besonnung) größerer Wildstaudenbestände mit Steingartencharakter in Verbindung mit der Schaffung umfangreicher Strukturen aus Gestein und Totholz. Die Stein- und Totholzstrukturen wurden rasch von den Eidechsen angenommen. In beiden Gärten bringen jeweils mindestens zwei Weibchen ihre Jungen zur Welt. In beiden Fällen konnte eine Abwanderung der Jungtiere und eine spätere Besiedelung geeigneter Strukturen der Umgebung nachgewiesen werden.

Im Zuge des Ausbaus der Bundesautobahn 4 zwischen Dresden und der polnischen Grenze wurde bei Bischofswerda eine 50 Meter breite Grünbrücke errichtet. Sie befindet sich in einem großen geschlossenen Waldgebiet, in dem die Waldeidechse noch häufig vorkommt. Vordergründig wurde die Brücke natürlich für Groß- und Mittelsäuger realisiert. Von vornherein wurde sie jedoch so gestaltet, dass sie auch weiteren Tierarten Migrationskorridor und Lebensraum bietet. Dazu wurden etwa 50 Prozent ohne Gehölzpflanzung belassen und reichlich mit Gesteinsblöcken und Totholz strukturiert. Die Rampen wurden den angrenzenden Waldrandstrukturen angepasst. Bereits die ersten Kartierungen ergaben eine unerwartet hohe Präsenz der Waldeidechse. Inzwischen dient die Brücke den Echsen zweifelsfrei als Dauerlebensraum. Eine erfolgreiche Reproduktion im Brückenraum konnte nachgewiesen werden. Inzwischen sind spezielle Pflegemaßnahmen im Bereich der Grünbrücke angelaufen, bei denen die Sicherung der Reptilienhabitate eine bedeutende Rolle spielt. Dazu gehört auch die Ergänzung und Ausweitung der Totholzstrukturen sowie die Pflege der angrenzenden Bereiche. In Verbindung mit dieser Grünbrücke konnten darüber hinaus gute Kenntnisse zur richtigen Einbindung und Gestaltung weiterer zu planender Ökobauwerke gewonnen werden.

Steffen Teufert
H. Mann Str. 21
D-01877 Bischofswerda
Email: steffen.teuffert@web.de
Programm

Habitatstruktur, Populationsdichte und Bestandsentwicklung der Waldeidechse in ostbayerischen Mittelgebirgen

Wolfgang Völkl

Die Waldeidechse bewohnt in Nord- und Ostbayern ein breites Spektrum an Lebensräumen. Dazu gehören vor allem Moorrandbereiche, Lichtungen und lichte Waldbereiche, Waldränder, Hecken, trockene oder feuchte Magerwiesen und Wegränder. Alle Lebensräume zeichnen sich – neben einer gewissen Grundfeuchte – durch eine Kombination aus Zwergsträuchern, kurzrasiger krautiger Vegetation mit kleinen vegetationslosen Flächen und Totholz aus. Neben geeigneten Sonnplätzen, Verstecken und Winterquartieren findet die Waldeidechse bei dieser Habitatstruktur auch eine breite Nahrungsbasis und günstige Jagdmöglichkeiten.

Die Waldeidechsendichte wurde wesentlich von der Struktur des Habitats beeinflusst. In den Primärhabitaten (z.B. Randbereiche von Mooren, lichte Waldbereiche der Hochlagen) und in großflächig sehr günstig strukturierten Sekundärlebensräumen (z.B. Schachtenwiesen im Nationalpark Bayerischer Wald) lagen die Dichten wesentlich höher als in den Lebensräumen in der Kulturlandschaft. In der Kulturlandschaft ließen sich unterschiedliche Waldeidechsendichten durch die Dichte an extensiv genutzten Grenzlinien erklären (kurzrasige Waldränder, Hecken mit Zwergstrauchvegetation). In Gebieten mit intensiver landwirtschaftlicher Nutzung, geringer Heckendichte und einer landwirtschaftlichen Nutzung bis in den Kronentrauf des Waldes nahmen die Dichten der Waldeidechse sehr deutlich ab, in vielen solchen Bereichen fehlt sie inzwischen. Auch der Anteil an juvenilen und subadulten Tieren war in Gebieten mit ungünstiger Habitatstruktur deutlich niedriger als in günstig strukturierten Habitaten, wo die jüngeren Altersklassen meist mehr als 60% der Individuen stellten. Dieser reduzierte Reproduktionserfolg führt zu einem weiteren Rückgang in der Kulturlandschaft.

Die Waldeidechse ist in Ostbayern in den Mittelgebirgen derzeit noch weit verbreitet. Allerdings nahmen die Vorkommen vor allem im Bereich der Kulturlandschaft deutlich bis sehr deutlich ab. Untersuchungen aus dem Fichtelgebirge zeigen, dass die Waldeidechse in den letzten 20 Jahren an mehr als der Hälfte ihrer Lebensräume im Waldrand- und Heckenbereich verschwunden ist. Der Grund hierfür ist der drastische Verlust an extensiv genutzten breiten Waldrändern und an kurzrasigen Randflächen entlang der verbliebenen Hecken. Eine entsprechende Tendenz zeigt sich auch in weiteren Gebieten Nord- und Ostbayerns, so dass auf einer großen Fläche ein Rückgang der Waldeidechse verzeichnet werden muss.

Wolfgang Völkl
Ökologische Planung
Hohe Eiche 6
D-95517 Seybothenreuth
Programm

Ecologo-morphological description of some Asian populations of Zootoca vivipara (Jacquin, 1787)

V.F. Orlova & V.N. Kuranova

The present report is based on the results of the investigations of Z. vivipara Asian populations represented in the collections of Moscow State University Zoological Museum and Tomsk State University Zoological Museum, as well as the materials collected in the expeditions to Altai, Kuznetskii Alatau, Tomsk and Kemerovo regions (south-east of Western Siberia) from 2000 to 2006. In the Asian part of its area Z. vivipara is presented in ovoviviparous populations which belong to the eastern chromosomal form (Kupriyanova and Rudi, 1990). It inhabits plains and mountains up to the height of 2200 m a.s.l. in Kazakhstan, 2430 m a.s.l. in the Russian Altai and from 2400 m to 2900 m a.s.l. in the western slopes of the Mongolian Altai (Orlova and Terbish, 1997). On the plains of Western Siberia it was registered in taiga forests, north and south forest-steppe zone, but it does not inhabit the steppe zone. The maximum of population density is observed in various habitats of the south-taiga zone (0.8 – 15 individuals/hectare), while these indicators decrease towards the north and the south. The lizard is numerous in the foothills and low mountains of the North-East Altai (40 – 50), in the Central Altai it was registered only in mountain-forest and mountain-tundra zones (0.02). In the Southern Altai it was registered everywhere up to subalpine meadows where the population density on some sites reaches 14 – 15 individuals per hectare. The northern border of distribution of Z. vivipara in Yakutia (without taking the latest results into consideration) coincides with the one of the Pinus silvestris (Borkin et al, 1984). We have investigated metric and meristic characteristics (from 6 to 24 in different samples) of 317 individuals (103 males and 214 females) from 14 populations of plain and mountainous parts of Western, Middle and Eastern Siberia, Russian and Kazakh Altai. The obtained data were processed with the help of program package STATISTICA 6. It was revealed the sexual dimorphism on body length (SVL, p<0.05) in all samples, except the not numerous one from Yamal (n=9). The maximum number of metric (measured) indicators (7), different for both sexes, was registered in the southern peripheral population from the Kazakh Altai, Markakolskaya Depression, somewhat less – for the populations inhabiting Tomsk region plains (3 – 5 indicators, p<0.05). According to six meristic characteristics the populations are divided into two groups called northern and southern. The northern group includes samples from Yamal and Yakutia while the southern one consists of three plain and three mountainous population samples. Females from five populations form northern and southern groups according to eight metric characteristics. Previously we noticed the clinal variation of the female bodies’ length which was not observed for males (Оrlova, 1973, 1975). Bigger females inhabit the northern part of the area, while bigger males live in the southern parts (Orlova, 1975). According to the new data obtained the biggest females are in the sample from Khakassia (SVL=73.2±1.1mm, n=11), the smallest ones are from the Kazakh Altai (SVL=54.4±0.95mm, n=26). The biggest males are in two plain populations of Tomsk region (the south-eastern part of Western Siberia) (SVL 53.7 – 55.9 мм, n= 19), the smallest ones are from the lake Baikal (SVL=47.3±1.0mm, n=9) and from the Russian Altai (SVL=47.5±0.8mm, n=11). These variations are determined by the geographical location and the environmental conditions of the certain landscapes. The patterns of joining of scuta praefrontalia were analyzed for 949 individuals from 10 samples. There are four basic patterns which are called here the median, cross, transversal, and rectangular (Voipio, 1968). Median type is the most widespread in all samples: from 43.2% in the southern mountainous populations of the Kazakh Altai (48 46' northern latitude) and 47.3% in the Russian Altai (5134’ northern latitude) to 92.2 % in Yakutia (60 28’ northern latitude). The decrease of the number of median type individuals in Altai populations leads to the increase of the number of transversum type individuals (35.2 – 37.4 %). Transversum type of scuta praefrontalia is the second widespread one (7.8 – 37.4 %) in eight samples. The third one is cross type (2.6 – 16.7 %) and the rarer one is rectangular type (1.2 – 11.1 %). The individuals of the rectangular type are assumed to be characterized by reduced viability in the period from birth to maturity (Voipio, 1968). However, its occurrence in the most northern sample (Yamal, 61 41’ northern latitude) is 11.1 %.

V.F. Orlova
Zoolological Museum of Moskow Lomonosov State University
Moscow 125009

V.N. Kuranova
Tomsk State University
Tomsk 634050
Programm

Geographic variation in adult body length and sexual dimorphism in the common lizard, Zootoca vivipara: a preliminary report

Evgeny S. Roitberg, Valentina F. Orlova, Valentina N. Kuranova, Astrid Clasen, Nina A. Bulakhova & Wolfgang Böhme

In recent decades, variation in adult body size and sexual size dimorphism (SSD) in lizards was studied quite intensively, but geographic patterns within widely distributed species have rarely been documented. Using original and published data on the snout-vent length (SVL) of adult males and females in 25 local or regional samples over the range of Zootoca vivipara, macrogeographic and regional variation for body size and SSD were analyzed.

Three different characteristics of the size distributions, mean, the 80th percentile, and maximum value showed concordant variation patterns arguing for robustness of our analyses. Male size exhibited no clear geographic patterns. In contrast, female size and especially SSD tended to be larger in the eastern part of the species range (European Russia, Ural, and Siberia) as compared to the western populations from the Pyrenees to Carpathians (cf. Orlova 1975). Female size varied stronger than male size thus providing the converse of Rensch’s rule in the SSD variation.

Evgeny S. Roitberg
Allgemeine & Spezielle Zoologie
Universität Rostock
Universitätsplatz 2
D-18055 Rostock
Email: eroit@web.de

Valentina F. Orlova
Zoological Museum, Moscow University
B. Nikitskaya ul. 6
103009 Moscow, Russia

Valentina N. Kuranova & A. Bulakhova
Tomsk University
prosp. Lenina 36
634050 Tomsk, Russia

Astrid Clasen & Wolfgang Böhme
Zoologisches Forschungsmuseum A. Koenig
Adenauerallee 160
D-53113
Programm


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