Mailing 37/2001 vom 01.09.2001

Vom Nutzen der Madeira-Mauereidechse

Kaum jemand weiß, dass die große Zahl an Eidechsen die Bevölkerung von Madeira vor Borreliose schützt. Der Auslöser dieser auch in Deutschland verbreiteten Krankheit ist ein Bakterium (Borrellia burgdorferi), das normalerweise, in Mäusen und in anderen Kleinsäugern lebt und für diese in keiner Weise schädlich ist.
Der wahre Übeltäter in dieser Geschichte ist die Zecke. Um zu wachsen und um sich fortzupflanzen, muss eine Zecke dreimal in ihrem Leben Blut saugen. Wenn sie erst Blut von einer mit Borrellia infizierten Maus saugt und dann, beim nächsten Mal Blut von einer nicht infizierten Maus saugt, überträgt sie das Bakterium auf die zweite Maus. Wenn eine Zecke mit Bofrellia-Bakterien allerdings an einem Menschen Blut saugt, überträgt sie das Bakterium auf den Menschen und damit den Erreger der Krankheit Borreliose.
Untersuchungen haben gezeigt, dass es auch auf Madeira mit Borrellia infizierte Mäuse gibt. Zwar nur wenige, aber es gibt sie. Warum ist dann aber Borrelliose auf Madeira praktisch unbekannt? Dank der Madeira Mauereidechse (Teira dugesii)!
Auf Madeira gibt es mehr Eidechsen als Mäuse. Eine Zecke auf der Suche nach einem "Blutspender" wird also mit höherer Wahrscheinlichkeit auf eine Eidechse treffen als auf eine Maus. Zecken trinken durchaus auch an Eidechsen Blut. Eidechsen enthalten aber niemals das Botrellia-Bakterium. Mehr noch: Wenn eine bereits mit Borrellia infizierte Zecke Blut einer Eidechse saugt, sterben die Boriellia-Bakterien! Die enorme Zahl von Eidechsen auf Madeira hat also gleich zwei Effekte: Sie verringert die Wahrscheinlichkeit, dass sich Zecken mit Borrellia-Bakterien infizieren, und sie reinigt ständig die Zeckenpopulation von Bakterien. Es ließ sich sogar eine Beziehung zwischen der Häufigkeit von Eidechsen und der Anzahl infizierter Mäuse zeigen: infizierte Mäuse gibt es nur in Gebieten mit wenigen Eidechsen - wo es viele Eidechsen gibt, gibt es keine infizierten Mäuse. Prof. Dr. Peter Wirtz (gekürzt)

Quelle: Deutsches Ärzteblatt Jg. 98, Heft 20, 18. Mai 2001